Tsar Bomba - Russland droht wieder mal mit Atomkrieg

Über der Mitjuschika-Bucht auf dem im Nordpolarmeer, westlich der kontinentalen Grenze zwischen Europa und Asien gelegenen Archipel Nowaja Semlja detoniert am 30. Oktober 1961, 11:32 Moskauer Zeit, der größte, je gebaute Nuklearsprengkörper, der Dicke Iwan oder Bombenkaiser, Tsar Bomba, mit einer Sprengkraft vom 6.600 – fachen der Hiroshima-Bombe. Gezündet wurden „nur“ die ersten drei Stufen mit einer Gesamtsprengkraft von 58 Megatonnen. Angelegt war die Bombe für die stufenweise Zündung von insgesamt 100 Megatonnen.


„Iwan“ war eine 27 Tonnen schwere Kernspaltungs-/Kernfusions-Bombe, die eine Energiemenge von 5,4 Yottawatt (5,4 X 1024 Watt, 1,4% des Energieausstoßes der Sonne) freisetzte, der Atompilz war 65 km hoch und hatte einen Durchmesser von 40 km (Hiroshima: 12km). Die  Druckwelle lief dreimal um die Erde. Die erzeugte Hitze ebnete die Landschaft um die Detonation ein, mehrere Berge wurden abgeschmolzen und noch in 500 km Entfernung zerbarsten Fensterscheiben und Menschen zogen sich Verbrennungen zu. Der Fallschirm, der die Bombe abbremste, wog 800 kg. „Iwan“ wurde in 10.000 m Höhe ausgeklinkt und detonierte nach 188 Sekunden. Die Piloten schafften  es knapp, dem atomaren Feuer zu entkommen. Hätte man, wie vorgesehen, alle vier Stufen mit der Gesamtsprengkraft von 100 Mt gezündet, so wäre die Erde mit hoher Wahrscheinlichkeit aus ihrer Umlaufbahn gesprengt worden, die Piloten mit Sicherheit verbrannt. Wer es genauer wissen will, hier lang. Hier ist ein Video dazu:




Da ein solch riesiger Sprengkörper  keinen militärischen Zweck erfüllen kann – kein Flugzeug kann ein solches Gewicht über eine lange Strecke tragen – markierte „Iwan“  bis heute den Beginn des Umdenkens.  Nach „Iwan“ begannen die ersten Abrüstungsgespräche zwischen Sowjetunion und USA, die ab 1963 alle Atomwaffentests zumindest unter die Erde verbannten. Es wird gesagt, daß einer der Väter der "Zar Bombe", Andrej Sacharow, durch diese Detonation zum Atomwaffengegner geworden sei - nun ja, das erzählt man sich so auch über Robert Oppenheimer und die Testbombe Trinity - und daß er es gewesen sei, der die Zündung der vierten Stufe verhindert habe: nach Zündung der ersten drei Stufen waren insgesamt 58 Megatonnen freigesetzt worden, nach Zündung der vierten Stufe 100 Megatonnen. Jahrelang schienen die Lehren von Iwan, der Zar-Bombe Allgemeingut, fast schon Binsenwahrheiten...


Doch es scheint, daß man das in Russland mittlerweile vergessen hat: die von Rosatom gesponsorte Ausstellung einer Kopie der Bombe in Moskau in diesen Tagen soll sicherlich eine Drohung sein - obwohl, wie gesagt, eine solche Monsterbombe keinen militärischen Zweck erfüllen kann. Diese Ausstellung fügt sich jedoch nahtlos an die hirnverbrannten Drohung an, die seit geraumer Zeit aus der "Russischen Welt" zu vernehmen sind (Zur Erklärung: ich halte den Begriff mittlerweile für die Beschreibung eines Geisteszustands):




Ich versuche, mir vorzustellen, was hier bei uns in Deutschland abgehen würde, würde sich ein Mann der Kirche so äussern, würde - es gelingt mir nicht. Es gelingt mir auch nicht, mir vorzustellen, was hier los wäre, würden Priester Waffen segnen, wie es anscheinend zur Zeit in Russland gang und gäbe ist. Und aktuell gibt es viele Veröffentlichungen in den russischen Staatsmedien, die signalisieren oder gar offen aussprechen:


Wir können einen Atomkrieg gewinnen!


Das zeigt aus meiner Sicht ein in Russland offensichtlich fast libidinöses Verhältnis zu Atomwaffen und einen fast kindlichen Glauben an die Beherrschbarkeit von Atomwaffen, der im Westen doch im Wesentlichen ausgestorben zu sein scheint. Die Zeit, in der das Unter-den-Tisch-Kriechen und das Tasche-über-den Kopf-halten auch im Westen noch geholfen hat, ist hoffentlich vorbei.




Und dazu sollen nach Meinung der prorussischen Friedensengel am besten die US-Nuklearwaffen aus Deutschland verschwinden, so, wie man es 1994 geschafft hat, die Ukraine atomwaffenfrei zu bekommen. Daß die dafür gegebenen Zusagen an die Ukraine nicht eingehalten wurden, dürfte mittlerweile Allgemeingut sein. Hoffentlich! Ein zweites Mal funktioniert das nicht, und wie man jetzt noch irgendein Land dazu bringen will, atomar abzurüsten, weiß ich nicht.


Der Kalte Krieg ist zurückgekehrt und wir stehen wieder da, wo wir 1963 schon einmal waren.