Kaiser Karl I. (17.08.1887 – 1.04. 1922) von Österreich wird von Papst Johannes Paul II. seliggesprochen.
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Karl, Großneffe von Kaiser Franz-Joseph I, war Thronfolger geworden, da der Sohn von Franz-Joseph und Kaiserin Elisabeth, Rudolf, sich erschossen hatte, und sein darauf zum Thronfolger
proklamierter Onkel, Erzherzog Franz-Ferdinand, der am 28.6. 1914 mit seiner Ehefrau, die nicht „standesgemäße“ böhmische Gräfin Sophia Chotek, einem Attentat zum Opfer fiel, wegen seiner
unstandesgemäßen Verbindung für die gemeinsamen Kinder formell auf deren Thronfolgerechte verzichten musste.
Am 21. November 1916 folgt er Franz-Josef auf den Thron.
Während er für seine Bewunderer, die seit 1954 an seiner Heiligsprechung arbeiten, ein "Friedenskaiser" und heiligmäßiger Mensch ist, ist er für seine Kritiker der "Giftgas-Karli", denn
er genehmigte u.a. in der 12. Isonzoschlacht, der "Schlacht von Karfreit", einen Giftgaseinsatz, der mindestens 13.000, nach anderen Quellen bis zu 40.000 Italiener das Leben
kostete.
2004 wurde er von Papst Johannes Paul II heiliggesprochen. Haben die Monarchisten wieder Auftrieb in Österreich?
Kurzer Lebenslauf
Geboren am 17. August 1887 als Erzherzog Carl Franz Joseph Ludwig Hubert Georg Otto Maria von Habsburg-Lothringen auf Schloß Persenbeug in Niederösterreich. Sein frühverstorbener Vater war der jüngere Bruder des später in Sarajewo ermordeten Erzherzogs Franz-Ferdinand. Da dessen Kinder aus der "morganatischen" Ehe mit der böhmischen Gräfin Sophie Chotek - sie gehörte keinem "souveränen Haus" an, d.h. ihre Familie hatte keine politische Macht - von der Thronfolge ausgeschlossen waren, rückte Karl nach, wurde nach der Ermordung seines Onkels Thronfolger und, nach dem Tod Kaiser Franz-Josephs, ex lege, d.h., ohne daß es eines weiteren Akts bedurfte, wurde er Kaiser.
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Am 21. Oktober 1911 heiratete er Zita von Bourbon-Parma, die Tochter des letzten Regenten eines Herzogstums, das nach der Einigung Italiens in
Italien aufging. Zitas Position als "Italienerin" wurde nach dem Eintreten Italiens in den Krieg gegen Österreich schwierig, nach der "Sixtus-Affäre" (s.u.) unmöglich. 1916 folgte Karl
seinem Großonkel auf den Thron, was in Österreich, Cisleithanien=auf der Wien gleichen Seite des Grenzflusses Leitha, genannt, keiner besonderen Amtshandlung mehr bedurfte. Für Ungarn,
Transleithanien, mussten er und seine Frau sich jedoch krönen lassen, da nach ungarischer Auffassung ein Herrscher erst anerkannt wurde, wenn er mit dieser, der Heiligen
Stephanskrone gekrönt wurde. (Übrigens ist diese Krone heute wieder ein Staatsymbol, Ungarn ist nicht mehr ausdrücklich Republik). Karl I. von Österreich wurde als König IV Karóly auf
Ungarn vereidigt.
Als Meilensteine seines unglücklichen Agierens gelten die Schlacht von Karfreit und die "Sixtus-Affäre".
Im Oktober 1918 war der Krieg verloren und die Monarchie am Ende. Karl verzichtete am 11.11. 1918 auf jeglichen Anteil an den Regierungsgeschäften in der österreichischen Reichshälfte und gab zwei Tage später eine ähnliche Erklärung für die ungarische Reichshälfte ab. Mit der sog. "Feldkircher Erklärung" widerrief er jedoch vor der Ausreise in die Schweiz die für Österreich abgegebene Erklärung.
Die Schlacht von Karfreit
Am Fluss Isonzo, slowenisch "Soca", hatten sich die Truppen Italiens auf der einen und die Truppen von Deutschland und Österreich-Ungarn auf der anderen Seite im Hochgebirge ineinander verkeilt
und trafen in diesem Gebirgskrieg elfmal in den sog. Isonzoschlachten aufeinander, ohne daß eine Entscheidung gefallen wäre. In der 12. Isonzoschlacht suchte man dann die Entscheidung: den
Einsatz von Giftgas, durchzuführen durch die deutschen Verbündeten:
„An die 100.000 Gasgranaten, dazu 900 andauernd feuernde Minenwerfer - die Wunderwaffen hielten, was die Heeresleitung sich von ihnen versprach.
Vier Stunden lang - von 2 bis 6 Uhr - prasselten die Granaten und die Minen auf die gegenüberliegenden Kavernen und
Erdlöcher. Die Italiener wurden im wahrsten Sinn des Wortes im Schlaf überrascht: Sie erstickten in den Unterständen und in den Schützengräben; manche schafften es nicht mehr, ihre noch dazu
untauglichen Gasmasken aufzusetzen; wer sie aufsetzte, riß sie in Todesangst wieder hinunter; wer sie nicht herunterriß, erstickte trotzdem, da das Giftgas Phosgen mühelos durch die schwachen
Kohle-Filter drang; neben ihnen verreckten die Ratten und die Zugtiere; in den Kavernen wurden die Fernsprecheinrichtungen zerstört, aber es lebte ohnehin keiner mehr, der sie bedienen
konnte.
Um 6 Uhr lag in der Talsohle eine Nebelsuppe aus tödlichen Giftgasen. Von nun an bis 8.30 Uhr feuerte die Artillerie und
machte alles dem Erdboden gleich, was sich mit Glück oder Zufall dem tödlichen Gift entziehen konnte. Die Kriegsberichterstatter meldeten, daß 40.000 Italiener in den Morgenstunden des 24.
Oktober 1917 gefallen sind.“ (Wiener Zeitung vom 19.5. 1998)
Daß es keineswegs "untaugliche Gasmasken" waren - was den Italienern die Verantwortung zugewiesen hätte - sondern der "Maskenbrecher" Clark I, den kein Maskenfilter zurückhielt, sei nur am Rande
erwähnt.
Nach Meinung seiner Verteidiger, zum Beispiel seines Sohnes Otto, hatte Kaiser Karl mit diesem Giftgasangriff so garnichts zu tun, er habe ihn lediglich "geduldet". Diese Version ist recht erstaunlich, denn zu Zeiten des Angriffs war Kaiser Karl Österreichs oberster Kriegsherr, nachdem er am 27. Februar 1917 den Chef seines Generalstabs, den Freiherrn Feldmarschall Conrad von Hötzendorf entlassen hatte.
Die Mischung aus Arsen, Chlor, Phosgen und Diphosgen ist ausweglos tödlich. Zwar war es die deutsche "Gastruppe" die die tödliche Mischung abblies, doch man wird wohl kaum annehmen, daß das ohne
Wissen und Willen des Oberbefehlshabers, dem in der Schlacht von Karfreit auch die deutschen Truppen unterstellt waren, durchgeführt wurde.
Die 12. Isonzoschlacht, die "Schlacht von Karfreit" wurde - angeblich völlig überraschende, doch faktisch dank des massiven Giftgaseinsatzes - von den deutsch-österreich-ungarischen Truppen
gewonnen. Man sprach auch vom "Wunder von Karfreit", und dieses "Wunder" wurde später Karl zugerechnet.
Die Sixtus-Affäre
Diese Geschichte wird von seinen Fans immer wieder angeführt, um Karls Friedenswillen zu dokumentieren, sie war jedoch für Karl ein "diplomatischer Supergau". Zu Grunde liegt, daß sich die Österreicher zunehmend in die Rolle des deutschen Juniorpartners gedrängt sahen, ohne angemessenen Einfluss auf das sich zunehmend negativ entwickelnde Kriegsgeschehen nehmen zu können.
So lotete er mit Hilfe zweier in der belgischen Armee dienenden Brüder seiner Ehefrau Kaiserin Zita, der Prinzen Sixtus und Xaver von Bourbon-Parma, mittels zweier Briefe Friedensmöglichkeiten
zwischen Österreich einerseits und Frankreich und Italien andererseits auszuloten. Er sicherte Frankreich zu, dessen Anspruch auf die Rückgewinnung von Elsaß-Lothringen zu unterstützen. Die
Initiative verlief zunächst im Sande, da Italien nicht darauf verzichten wollte, nach dem Krieg Südtirol zu erhalten und damit hätte es sein Bewenden haben können, hätte sich nicht der
österreichische Aussenminister Graf Czernin zu einer kriegsbegeisterten Rede aufgeschwungen, in der er das Bündnis mit Deutschland nochmals besonders bekräftigte. Frankreich fühlte sich
provoziert, die Briefe an die Medien durchgestochen und der Kaiser war blamiert. Karl versuchte sich mit einem Besuch bei Kaiser Wilhelm II. zwar in Schadensbegrenzung, wurde jedoch vom
Juniorpartner zum direkten Befehlsempfänger degradiert. Auch innenpolitisch war seine Glaubwürdigkeit zerstört.
Restaurationsversuch in Ungarn, Exil und Tod
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Infolge des verlorenen Ersten Weltkriegs wurde Ungarn wie Österreich als Nachfolgestaat des Habsburgerreichs zu vernichtenden und als erniedrigend empfundenen Reparationen herangezogen.
Hier kann man das ausführlich nachlesen.
Ungarn verlor 2/3 seines Staatsgebiets, Einen Verlust die ungarischen Rechten heute noch durch Karten mit den "alten" Grenzen als dringend zu beheben darstellen.
Ein Intermezzo war die 1919 ausgerufene und nur 133 Tage dauernde Räterepublik mit Béla Kun an der Spitze, der, vertrieben durch tschechoslowakische und rumänische Truppen nach Moskau floh -
unter Mitnahme der Staatskasse. Letzendlich setzte sich der ehemalige Oberkommandierende der k.u.k Kriegsmarine, Admiral Miklós/Ritter Nikolaus Horthy von Nagybánya als
"Reichsverweser, als Vertreter des abwesenden Königs durch - welchen Königs auch immer. Antisemit Horthy wurde allerdings ausserhalb Ungarns als Verkünder der ersten
"Judengesetze" und Verbündeter Hitlers bekannter.
Wie die "vollständige" Landkarte, so wurde auch "Reichsverweser" Horthy von der heutigen ungarischen Rechten mittlerweile wieder vom Müllhaufen der Geschichte geholt.
"Reichsverweser" Horthy erweckte, wie Kaiserin Zita in später in einem Interview berichtete, auf sie und Karl zunächst den Eindruck sich für die Monarchie und die Rückkehr Karls auf den
ungarischen Königsthron einzusetzen.Allerding muß man einräumen, daß die ehemaligen Kriegsgeger für den Fall der Rückkehr Karls auf den Thron mit Einmarsch und der vollständigen Zerschlagung
Ungarns gedroht hatten.
Am 26. März 1921 kehrte Karl inkognito nach Ungarn zurück. Mangels Rückhalt im Volk,und mangels Unterstützung durch den "Reichsverweser" und andere Politiker, wurde das Unternehmen abgebrochen und Karl kehrte frustriert in die Schweiz zurück. Der erste, später als "friedlich" bezeichnete Versuch, die ungarische Königswürde zurückzuerlangen, war gescheitert.
Am 20. Oktober 1921 versuchte Karl es erneut - mit Waffengewalt. Er kehrte mit dem Flugzeug nach Ungarn zurück und verfügte dieses Mal über Truppen - "legitimistischen" Getreuen war es gelungen, einige Truppenteile der ungarischen Armee auf ihn einzuschwören. Praktischerweise verbreiteten sie auch, der "Reichsverweser" habe Karl um Hilfe ersucht. Auch dieser Thronbesteigungsversuch scheiterte. Da die Schweiz sich nun weigerte, Karl weiter Asyl zu gewähren und die ehemaligen Kriegsgegner wohl weitere Anläufe Karls verhindern wollten, wurde er mit seiner Familie auf die portugiesische Insel Madeira entsorgt, wo er am 1. April 1922 starb.
Wie der untenstehende Film zeigt, scheinen die Lebensumstände der Familie zwar gut bürgerlich, jedoch natürlich weit unter dem gewesen zu sein, was ein Kaiser so gewohnt war. Ausserdem verfügte die Familie über fast kein eigenes Geld und war auf die Zuwendung ihrer noch verbliebenen Getreuen angewiesen.
Die Seligsprechung
Seit 1954 betrieb die „Kaiser-Karl-Gebetsliga für den Völkerfrieden“ die Seligsprechung Karls der am 3. Oktober 2004 Erfolg beschieden war: Er wird von Papst Johannes Paul II seliggesprochen. Das ihm zugeordnete Wunder war die Heilung hartnäckig entzündeter Krampfadern einer polnischstämmingen, brasilianischen Nonne. Aus der Predigt von Papst Johannes Paul II:
"Die entscheidende Aufgabe des Christen besteht darin, in allem Gottes Willen zu suchen, zu erkennen und danach zu handeln. Dieser täglichen Herausforderung stellte sich der Staatsmann und
Christ Karl aus dem Hause Österreich. Er war ein Freund des Friedens. In seinen Augen war der Krieg "etwas Entsetzliches". Mitten in den Stürmen des Ersten Weltkriegs an die Regierung gelangt,
versuchte er die Friedensinitiative meines Vorgängers Benedikt XV. aufzugreifen.
Von Anfang an verstand Kaiser Karl sein Herrscheramt als heiligen Dienst an seinen Völkern. Sein ernstes Bestreben war es, der Berufung des Christen zur Heiligkeit auch in seinem politischen
Handeln zu folgen. Dabei war ihm der Gedanke der sozialen Liebe wichtig. Sei er uns allen ein Vorbild, besonders denen, die heute in Europa politische Verantwortung tragen!"
Wie man von Karls Anhängern vernimmt, soll der „Giftgas-Karli“ der erste Kriegsgegner des Habsburger Reiches gewesen sein.
Dazu passt, daß sein Enkel, jetzt schon wieder „Erzherzog Karl von Österreich“ genannt, während sich sein Vater noch mit einem schnöden „Otto Habsburg“ abfinden musste, 2012 dem Militärbischof für Österreich eine „Reliquie“ übergeben hat, die sodann in einer Gebetsnische platziert wurde. Zu diesem Anlass habe der "Erzherzog" Münzen verteilt.
Schon interessant: meines Wissens ist es in Österreich nach der Abschaffung des Adels und der Adelstitel, im Gegensatz zu Deutschland, nicht mal erlaubt, ein "von" als Namensbestandteil zu
führen. So mutet die mangelnde Trennschärfe zwischen dem "Haus Habsburg" und der Militärseelsorge der Republik Österreich doch etwas seltsam an. Während es 1982 noch zu einem medialen Tsunami
führte, daß Exkaiserin Zita als erstes Mitglied des "Erzhauses" nach Österreich einreisen durfte, ohne zuvor eine Loyalitätserklärung für die Republik abzugeben.
Die „Gebetsliga“, deren geschäftsführender Vorsitzender ein Brigadier/Brigadegeneral i.R. ist, bemüht sich jetzt um Karls Heiligsprechung. An der Seligsprechung von Kaiserin Zita wird ebenfalls gearbeitet.
Ebenfalls seit 2004 gibt es eine anscheinend sehr aktive Monarchistenliga. Von Deutschland aus schwer zu beurteilen, aber es mutet schon seltsam an.