Kann mal jemand bitte diese Farce beenden? Putin-Freund Bach hat - erwartbar - den Start für die russischen Chemieprodukte doch freigegeben. Olympia findet mit Rio an einem - wegen Zika, Korruption und Terrordrohung - vollkommen untauglichen Ort statt, und zwar gegen den Willen weiter Teile der Bevölkerung. Aber eigentlich ist das alles nichts Neues.
Bildnachweis: Olympiade 1936, Siegerehrung Fünfkampf, Bundesarchiv, Bild 183-G00825 / Stempka / CC-BY-SA
Die Spiele von Berlin
Reine Sportveranstaltungen waren olympische Spiele von Anfang an nicht, und vermutlich waren sie das auch im Altertum nicht. Und dem klammen König Georg I. von Griechenland griff ein, sagen wir, griechischer Oligarch unter die Arme, damit die Finanzierung "stand".
Der erste Tiefpunkt waren dann die Spiele von Berlin: nachdem die hierhin gegebenen Spiele 1916 aus bekannten Gründen ausfallen mussten, schafften es Carl Diem und der "Halbjude" Theodor Lewald 1931, sie für 1936 wiederum nach Berlin zu holen. Carl Diem war Sportfunktionär, Erfinder des olympischen Fackellaufs, Hardcore-Nazi (er schickte mit seiner "Sparta-Rede" Hitlerjungen und Voilkssturmmänner in den "Endkampf" um Berlin und somit in den sicheren Tod. Er selber zog sich aus seinem Volkssturmbataillon mittels Sehnenentzündung am Fuß vornehm zurück. Und er war auch, natürlich, natürlich, Antisemit,und somit der Meinung, daß Juden im deutschen Sport nichts zu suchen hätten. Bis heute wird Diem kontrovers diskutiert. Über Lewalds "halbjüdische" Herkunft wurde während der Spiele der Mantel des Schweigens gebreitet, denn, so der Historiker L.Joseph Heid in der WELT:
"...Ohne Lewald wäre Olympia 1936 nicht das geworden, was es war - das größte Fest des NS-Regimes".
Nach der Olympiade wurde Lewald abgesägt.
Die USA drohten halbherzig mit Boykott, wenn die Deutschen keine jüdischen Sportler teilnehmen liessen, und so wurde aus den USA einer der großen deutschen Sportstars, Helene Mayer, Olympiasiegerin von Amsterdam (1928), sechsfache deutsche Meisterin und dreifache Weltmeisterin im Florettfechten, widerwillig zurückgeholt. "Halbjüdin" Mayer, die blonde Hee, sah aus wie eine Bilderbucharierin: groß, blond, mit blauen Augen und hatte eigentlich davon geträumt, für Deutschland in den diplomatischen Dienst zu gehen, studierte internationales Recht in Kalifornien und wollte sicherlich lieber deutsch als jüdisch sein. Bereits 1933 war sie, wegen ihrer jüdischen Herkunft aus ihrem Verein, dem Fechtclub Offenbach geworfen worden.Der olympische Florett-Wettbewerb wurde insgesamt von drei jüdischen Frauen gewonnen: Gold gewann Ilona Schacherer-Elek aus Ungarn, Bronze Ellen Preiss aus Österreich, auch sie Jüdinnen. Die österreichische Mannschaft marschierte, wie die deutsche, mit einem formvollendeten Hitlergruß ins Stadium ein, somit auch Ellen Preiss. Der schönen Hee nahm man den Hitlergruß allgemein sehr übel. In einem Ausstellungskatalog wird das obige Bild wie folgt beschrieben:
"Ihr Gesichtsausdruck ist entschlossen, ihre Pose perfekt. Ihr Arm ist erhoben, fest und stark. Sie lässt keinen Zweifel an dem, was sie tut. Das ist solch ein machtvolles Photo und beides: schön und schrecklich."
Bildnachweis: Wikipedia
Die - dunkelhaarige - jüdische Fabrikantentochter Gretel Bergmann, wurde 1933 als Jüdin aus ihrem Ulmer Sportverein geworfen. Ihre Eltern sandten sie nach Großbritannien, wo sie 1934 mit einer Höhe von 1,55m die britische Meisterschaft gewann. Eigentlich wollte sie für Großbritannien bei der Olympiade starten, doch dann zwangen die Nazis sie - unter Androhung von Repressalien für ihre Familie - nach Deutschland zurückzukehren. Die Deutschen hatten den Amerikanern zugesagt, daß jüdische Sportler an der Olympiade teilnehmen dürften, sofern sie die Qualifikationsleistung schafften.
Bergmann wäre sicherlich auf dem Siegerpodest gelandet und es hätte für sie die Hakenkreuzflagge gehisst werden müssen - eventuell sogar für eine Olympiasiegerin Bergmann. Das war mit den Nürnberger Rassegesetzen nicht vereinbar, die den Juden auch das Hissen der Hakenkreuz-Flagge oder das Schmücken ihrer Fenster mit dem Hakenkreuz explizit verboten. Als Ausnahme war dann lediglich die blonde, blauäugige Meyer akzeptabel, die, nach Nazi-Ästhetik als "arisch" durchgehen konnte und deren jüdische Herkunft die deutsche Presse gemäß Anweisung von "oben" verschwieg. 1938 unterstützte Meyer Leni Rieffenstahl beim Bewerben ihres Olympiafilms in den USA.
Da man hinterhältigerweise dem fact-finder (1934) der US-Amerikaner, dem Sportfunktionär und späteren IOC-Präsidenten Avery Brundage, zugesichert hatte, daß jüdische Sportler, sofern sie die Qualifikation erfüllten, an Olympia teilnehmen dürften, die jüdischen Sportler jedoch keinen Zugang zu anständigen Trainingsmöglichkeiten hatten, hatten sie auch keine faire Chance - wie Gretel Bergmann.Laut diesem Artikel soll Brundage es in der Hand gehabt haben, ob die US-Mannschaft bei Olympia startet oder nicht und er soll die Farce auch durchschaut haben.
Als die Mannschaft der USA dann die Schiffsreise angetreten hatte, und sicher auf dem Ozean schipperte, sollte Bergmann vorgeführt und aus dem Kader gekickt werden. Dafür meldete man sie, die bis dato kaum eine Gelegenheit zum Training gehabt hatte, zu den Württemberger Meisterschaften an. Sie gewann mit einer Höhe von 1,60m (eingestellter deutscher Rekord). Zu Hause fand sie dann einen Brief vor, der ihr mitteilte, daß sie wegen schwacher Leistungen (!) aus dem Kader gestrichen sei. 1,60m reichten beim Finale für die Silbermedaille (Dorothy Odam). Gold gewann eine Jüdin: Ibolya Csák aus Ungarn.
Der Olympische Gruß
Ja, der Hitlergruß ... Ich habe extra diesen Videoclip gewählt, weil der Sprecher in der Tonspur behauptet, die Mannschaften, die mit erhobenem rechten Arm einmarschiert seien, hätten nicht mit dem Hitler- sondern mit dem olympischen Gruß gegrüßt. Richtig "korrekt" - dazu gab es eine Vorschrift! - haben den Hitlergruß nur die deutsche und die öster-
Video: offizielle IOC-Kopie, meines Wissens hat das IOC die Rechte am Rieffenstahl-Film
reichische Mannschaft vorgeführt, Helene Meyer bei der Siegerehrung und in Grenzen die Italiener. Der als Ehrengast mit der griechischen Mannschaft einmar-schierenden Marathon-Olympiasieger hat den Braten anscheinend auch schon vorher gerochen: er hielt beim Einmarsch einen Ölbaum-Setzling in der rechten Hand, während die gesamte, griechische Mannschaft ansonsten brav den rechten Arm hochreckte. Warum erwähne ich das?
Weil es eine der herausragenden Lügen dieser Spiele ist, als "Hitlergruß" nur einen vorschriftsmäßig ausge- führten "Deutschen Gruß" durchgehen zu lassen. Nein, die, die den rechten Arm oben hatten, hatten alle den Hitlergruß gemeint - auch, wennn das später niemand zugeben wollte.
Es gibt noch andere fromme Lügen - und einige Heldengeschichten, die dazu dienen sollen, die Spiele umzulügen ... und Avery Brundage mittendrin.
Bildnachweis: Screenshots aus dem ersten Teil des Riefenstahl-Films, "Olympia I, Fest der Völker": Einmarsch der österreichischen und griechischen Mannschaft. Ehrengast Spyridon Louis hält in der rechten Hand einen Ölbaum-Setzling.
Das Hochsprungfinale der Frauen. Auschnitt aus dem Film von Leni Rieffenstahl.
Avery Brundage
Avery Brundage hatte all dies abgesegnet, es darf vermutet werden, daß er die Lüge von den gleichen Chancen durchschaut hatte. Er quittierte das mit der Bemerkung:
"Mein Sportverein nimmt auch keine Juden auf".
Weitere Entscheidungen sind in Kurzform hier dokumentiert, nur soviel:
Antikommunist Brundage hielt mit seinem Insistieren auf den westdeutschen Alleinvertretungsanspruch, erfolgreich bis 1968 an einer "gesamtdeutschen" Mannschaft fest.
Er stand bei der Auseinandersetzung um einen Ausschluss der Rassistenstaaten Südafrika und Rhodesien fest an der Seite der dortigen Rassistenregime.
Als 1968 die beiden afroamerikanischen Leichtathleten Tommie Smith (Gold) und John Carlos (Bronze) mit dem Black-Panther-Gruß auf dem Podest standen,um gegen den noch immer bestehenden Rassismus in den USA zu protestieren, bewertete Brundage das wie folgt: „...üble Demonstration gegen die amerikanische Flagge durch Neger..." und: „Verzerrte Geisteshaltungen und gescheiterte Charaktere scheinen überall zu sein und unmöglich zu eliminieren.". Auf den Druck des IOC (also seinen) wurden die Beiden aus der Mannschaft und dem olympischen Dorf geworfen: Der kompletten US-Olympiamannschaft war nämlich im Weigerungsfall mit dem Ausschluß gedroht worden, ja, so schnell kann das manchmal gehen, mit dem Ausschluß ...
München 1972
Die Atmosphäre habe ich noch sehr präsent, denn 1972 war für mich und Deutschland- durch die Olympischen Spiele - ein Aufbruch: ich hatte gerade Abitur und der Durchschnitt würde für einen Medizinstudienplatz ausreichen. Am 1. September hatte ich einen Ferienjob bei EMI-Electrola begonnen.
Ich kann mich noch sehr gut erinnern, daß die Grundstimmung war, daß die Olympiade von München helfen werde, Deutschland als vollkommen gewandeltes, friedliebendes, weltoffenes Land zu präsentieren, der Gewalt abhold. So war z.B. in der Diskussion, sollte es irgendwo zu Zusammenstößen kommen, aus welchem Grund auch immer, würde man eine Horde Dackel in die Szene schicken. Ich kann mich auch noch daran erinnern, daß bei so manchem Interview mit Zeitzeugen der Spiele von 1936 förmlich darum gebettelt wurde, man möge doch bitte bescheinigen, daß anhand des Vergleichs beider Veranstaltungen deutlich zu sehen sei, wie sehr zum Positiven sich Deutschland seitdem verändert habe.
Und dann kam das Attentat auf die israelische Olympiamannschaft.
Bildnachweis: einer der Terroristen auf dem Balkon des israelischen Mannschaftsquartiers im Olympischen Dorf. (c) dpa/focus
Der Verlauf des Attentats und der Tod von Geiseln, Terroristen und eines Polizisten kann andernorts ausführlich nachgelesen werden, Deutschland war erstarrt. An eines kann ich mich noch sehr gut erinnern: daß berichtet wurde, daß sich in einigen Familien der israelischen Sportler Shoa-Überlebende befanden und daß einige sehr mit sich gerungen hätten, sich dann aber entschieden hätten, nach München zu fahren, um ein Versöhnungszeichen zu setzen.. Woran ich mich auch noch erinnere: daß man allgemein entsetzt war, daß, angesichts dieses Verbrechens, die Spiele nicht abgebrochen wurden. Und Avery Brundage, damals letztmalig in Funktion, gelang bei der Gedenkveranstaltung dieser Satz, mit dem er den Auschluß der rhodesischen Rassisten und die Folterungen und Morde an den Israelis gleichsetzt und letztere damit unerträglich verharmloste:
"Die Spiele der XX. Olympiade sind das Ziel von zwei grausamen Angriffen gewesen, denn wir haben im Falle Rhodesien den Kampf gegen politische Erpressung verloren."
Und was noch mehr?
Es gab Debatten um den Amateurstatus, und - so erinnere ich mich - Sportler, die ein paar Kröten zuviel einsteckten, verloren Amateurstatus und Karriere.Der erste schon nach der Olympiade 1912: der Modellathlet mit indianischen Wurzeln, Jim Thorpe, verlor unmittelbar nach der Olympiade seine Medaillen, da er auch professionell Baseball spielte - diese Sportart war auch damals schon nicht olympisch. Schwer mit von der Partie war damals - Avery Brundage. Brundage hielt den Amateurstatus hoch, auch noch, als da schon nichts mehr hochzuhalten war.
Heute werden die Athlet*innen gut bezahlt und die, die auf dem Treppchen standen, haben zumeist auch gutdotierte Anschlussjobs.
Dann gab es noch eine Menge Zweifel am biologischen Geschlecht, angefangen von Dora Rathjen und Stella Walsh über die "Brothers Press", zwei sowjetukrainische Schwestern, die in den sechzigr Jahren große Erfolge einsammelten, und just in dem Moment zurücktraten, als bei
Bildnachweis: Joemonster.org. Tamara(li) und Irina Press (re)
den olympischen Spielen Sextests eingeführt wurden, bis hin zu Caster Semenya aus Südafrika.
Und es gab immer schon Doping-Geschichten, besonders tragisch die Geschichte der Florence Griffith Joyner: ihr haftete stets der Verdacht an, Testosteron und Wachstumshormone zu mißbrauchen, gestorben ist sie letztendlich an einem epileptischen Anfall, zumindest mitverursacht durch eine Gefäßanomalie.Mit 38 Jahren.
Alles also schon immer so. Und ich wollte mich auch garnicht so auf Brundage verbeissen, sondern einen typischen Funktionär beschreiben: Einen wie Thomas Bach. Olympia funktioniert schon seit mehr als hundert Jahren so. Und wie das heute ist, kann man gerade auf Arte bestaunen.
Olympia ist längst am Ende, schafft es einfach ab!
Dann gibt es eben Veranstaltungen, be denen der/die bestgedopte gewinnt. Die Athlet*innen werden die Zeche zahlen - wie seinerzeit bei den Gladiatoren. Aber es geht halt um 3% des Welthandes der Welt...
Bildnachweis: CNN