Duma-Wahlen auf der Krim: illegitim

Wie die russischen Duma-Wahlen auf der Krim mehr als der Hälfte der russischen Abgeordneten die Legitimität nehmen:
Erklärt von Dmytro Kuleba, Ständiger Vertreter der Ukraine beim Europarat.
Folgender Text wurde auf der Facebook-Seite der ständigen Vertretung der Ukraine beim Europarat am 14.09.2016 veröffentlicht und von Martina Steis aus dem Ukrainischen übersetzt.

Bildnachweis: iveuamap.com/ - Verhangen wie dieses Denkmal - es zeigt einen Soldaten mit einem Kätzchen im Arm - ist die Zukunft der Krim.

"Bald ist der 18. September, das heißt, es nähert sich ein weiterer strategischer Fehler Russlands: die Wahlen in die Staatsduma auf der besetzten Krim. Heute hat unser Botschafter an die Botschafter der Mitgliedsländer des Europarates diesen Brief geschrieben, weil es in der Diplomatie Momente gibt, in denen genau solche Briefe geschrieben werden müssen.

 

"Lieber Kollege,
ich schreibe, um Ihre Aufmerksamkeit auf den von der Ukraine ausgedrückten entschiedenen Protest gegen das Vorhaben der Russischen Föderation zu lenken, auf den vorübergehend besetzten Gebieten der Ukraine, nämlich der Autonomen Republik Krim und der Stadt Sewastopol,  Wahlen durchzuführen.
Der Europarat ist eine Organisation, die den Vorrang des Rechts schützt. Die Wahlen auf der besetzten Krim haben mit diesem Prinzip nichts gemein. Diese Wahlen verletzten grundlegende Normen und Prinzipien des Völkerrechts, entsprechende Entscheidungen der Vereinten Nationen und des Europarates. Und ebenso geltendes ukrainisches Recht.
Ich will Ihre Zeit nicht auf die Details der russischen Gesetzgebung verschwenden, muss dies aber tun, weil sie von großer Bedeutung für die Erklärung dafür ist, wohin die Situation sich entwickelt.

Aus rechtlicher Perspektive sind die kommenden Wahlen ein juristisches Selbstmordmittel.

Lassen Sie es mich rein juristisch sagen: Das russische Parlament besteht aus 450 Mitgliedern. Laut Gesetz wird die eine Hälfte nach dem Mehrheitsprinzip gewählt und die Wähler werden für konkrete Personen stimmen. Das erlaubt es leicht, die auf der Krim gewählten Parlamentsmitglieder zu identifizieren und wird für ihre Nichtanerkennung sorgen - das werden vier Abgeordnete sein. 
Die andere Hälfte des Parlamentes wird jedoch nach dem Mehrheitsprinzip gewählt. Weil die Wähler auf der besetzten Krim für Parteien stimmen und nicht für konkrete Personen, wird es unmöglich sein, die Abgeordneten zu identifizieren, die durch die Halbinsel gewählt wurden. Deswegen werden 225 Abgeordnete, damit die volle Hälfte des Parlaments delegitimiert sein.
Zählen Sie vier Abgeordnete aus der ersten Hälfte und 225 aus der zweiten Hälfte zusammen und Sie haben 229 Abgeordnete - eine illegitime Mehrheit, die ausreicht, um illegitime Entscheidungen der Duma zu verabschieden.
Wir rufen die russische Regierung dazu auf, diese juristische Falle zu umgehen und sich von der Idee, Wahlen auf den derzeit besetzten Gebieten der Ukraine durchzuführen,zu distanzieren!
Wir rufen den Europarat und die Mitgliedsländer dazu auf - falls die Wahlen auf der Krim durchgeführt werden - , sich der Anerkennung der Wahlergebnisse zur Duma zu enthalten, ebenso der Anerkennung einer wie auch immer gearteten Delegation in die Parlamentarische Versammlung, die die auf der Krim "gewählten" Abgeordneten einschließt!
Mit den besten Wünschen
Dmytro Kuleba
ständiger Vertreter der Ukraine im Europarat""

 

Kurzfassung: 
Auf der von Russland besetzten Krim dürften die russischen Dumawahlen gar nicht stattfinden. Die vier Direktkandidaten von der Krim sind direkt illegitim. Und bei 225 Duma-Abgeordneten, die ihr Mandat über Wahl der Parteilisten erhalten, kann man nicht genau sagen, wer sein Mandat unzulässigen Stimmen von der Krim verdankt. Damit sind diese Abgeordneten auch illegitim.
4 + 225 = 229
Über die Hälfte der russischen Abgeordneten (229 von 450 Parlamentsmitgliedern) werden nach der Dumawahl vom 18.09.2016 illegitim sein. Und dafür braucht es noch keine einzige Wahlfälschung, es reicht einfach der juristische Sachverhalt der Annexion..