Wie Marine Le Pen erfolgreich Kopftuchgedöns inszenierte, und alle, mehr oder weniger, auf die Leimrute krochen. Wieder mal.
Frau LePen führt nämlich mittlerweile stabil in den Umfragen zur französischen Präsidentschaftswahl, zumindest, was den ersten Wahlgang betrifft. Und seit ihrem No-Kopftuch-Stunt letzte Woche, übeer den sogar linke Medien mit einem gewissen Wohlwollen berichten. Im Browser ist sogar zu lesen, sie habe den "Schleier" verweigert, das wurde aber dann wohl korrigiert. Einer hat das vom Anderen abgeschrieben..
Bildnachweis: (c)Hussein Malla/AP Photo. Marine LePen trifft im Amtssitz von Mufti Abdellatif Deryan an und ein Angestellter reicht ihr einen weißen Schal.
Der Mufti, sicherlich sunnitisch-konservativ, scheint allerdings nach dem, was ich mir ergoogelt habe, nicht zuletzt für die interethnische und interreligiöse Einheit des Landes zu stehen.
So findet man das Ganze in fast jedem wichtigen Medium beschrieben. Doch irgendwas fehlt da. Al-Jazeera zitierte aus einer Presseerklärung des Büros des Muftis, die mir stimmig erscheint: man habe das im Vorfeld abgesprochen.
In a statement on Tuesday, the press office for the Grand Mufti said it "had informed the presidential candidate, through one of her assistants, of the need to cover her head when she meets his eminence, according to the protocol assumed by Dar al-Fatwa", the highest Sunni authority in Lebanon.
"Dar al-Fatwa officials were surprised by her refusal to conform to this well-known rule," the statement added.
Übersetzt: In einer Erklärung am Dienstag (21.2.) sagte das Pressebüro des Großmufti, "es habe die Präsidentschaftskandidatin, über einen ihrer Assistenten, informiert, daß sie, in Übereinstimmung mit dem im Dar al-Fatwa üblichen Protokoll, ihr Haupt verhüllen muss, wenn sie Seine Eminenz trifft." Der Großmufti ist "die höchste sunnitische Autorität im Libanon. Im Statement wurde weiter hinzugefügt, die Offiziellen des Dar al-Fatwa seien überrascht über ihre Weigerung, dieser wohlbekannten Regel zu folgen.
Im Vorfeld sind solche protokollarischen Absprachen üblich und ich habe keinerlei Zweifel, daß das auch hier geschehen ist. Wer sie jetzt allerdings für eine Heldin hält: die verweigerte Anpassung fordert LePen in Frankreich allerdings ein, und das auch von den Juden - wie nicht nur die Jüdische Allgemeine schreibt; sie verlangt von Frankreichs, Juden, sie mögen im Kampf gegen den Terrorismus ebenfalls Opfer bringen und auf das Tragen der Kippa verzichten:
Nun könnte eine rechtsextreme Präsidentin Le Pen auch noch das Tragen der Kippa in der Öffentlichkeit verbieten. Neu ist das nicht, in Frankreich wissen sie
davon schon länger – der Front National fordert die Verbannung jeglicher religiöser Symbole aus der Öffentlichkeit und an Schulen.
Anfang Februar gab Marine Le Pen dem israelischen Fernsehender Arutz 2 ein Interview und umgarnte darin staatsmännisch die Juden. Sie sprach von einer
»gefährlichen Lage der Juden in Frankreich«, und im »gemeinsamen Kampf gegen den radikalen Islam« müssten alle ein Opfer bringen, auch die Juden: Sie sollten auf die Kippa verzichten – ein Hut
täte es doch auch.
Und die französisch-israelischen Doppelstaatler werden, wenn es nach LePen geht, auf einen ihrer Pässe verzichten müssen: einem Fernsehsender sagte sie vorvergangene Woche:
"...wenn sie Präsidentin werden sollte, werde sie auch die Doppelstaatsbürgerschaft kassieren. Spitzfindig erläuterte sie, das richte sich keineswegs gegen Juden: »Nicht die Juden, sondern die Israelis bitte ich, sich für eine Nationalität zu entscheiden.«"
Was sie weiter will, und wie das enden wird, das beschreibt eine neue Graphic Novel: Francois Durpaire und Farid Boudjellal, die Präsidentin. Aus der Zusammenfassung der Ankündigung von Amazon:
Niemand soll sagen können, er habe von nichts gewusst
In seiner Graphic Novel schildert François Durpaire die ersten 200 Tage von Marine Le Pen im Elysée-Palast, nachdem sie am 7. Mai 2017 in der Stichwahl gewonnen
hat. Sie geht sofort ans Werk:
1. Rückkehr zum Franc; 2. NATO-Ausstieg; 3. Schließung der Grenzen; 4. sofortige Ausweisung aller »illegalen« Ausländer; 5. Arbeitsplätze nur noch für
Franzosen; 6. Finanzielle Austrocknung der öffentlich-rechtlichen Sender. Die Folgen sechs Monate nach Le Pens Amtsantritt: Ausländische Investoren meiden das Land, die Kaufkraft ist
eingebrochen, die Arbeitslosigkeit in die Höhe geschnellt, und alle Bürger werden vom Geheimdienst bespitzelt ...
François Durpaire betont: »Ich als Historiker weiß, dass autoritäre Parteien eher dazu neigen, ihre Radikalität im Wahlkampf zu verbergen. Um ihr dann, einmal
im Amt, freien Lauf zu lassen.« Im Europa von heute bliebe eine derartige Entwicklung eines Landes nicht ohne Folgen für die anderen Nationen. Und als wäre das nicht genug, ist dieses
Schreckensszenario nicht nur in Frankreich denkbar ein hochaktuelles Buch für ganz Europa.
Kommt runter von der Leimrute!