Autorin: Halya Coynash am 14.06.2017
Nach einer Menge seltsamer deutscher Friedensreisenden hat sich nun auch eine bekannte deutsche Band entschlossen, die Sanktionen gegen Russland sowie das Verbot, von Russland aus auf die ukrainsche Krim zu reisen: Scooter, deren Frontmann H.P. Baxxter noch vor kurzem als Juror bei "Deutschland sucht den Superstar" mitwirkte, will, trotz bestehenden Verbots, am 4. und 5. August auf dem Musikfestival "Z-Fest" auftreten und wird, falls der Eindruck auf dem obigen Poster nicht täuscht, als einer der Top-Acts beworben. Und auch die Fans sollen anscheinend über Russland einreisen - auf eine annektierte Halbinsel, auf der Menschenrechtsverletzungen an der Tagesordnung sind. Halya schreibt:
Nicht nur, daß die deutsche Band Scooter sich entschieden hat, internationale Sanktionen zu missachten und die schweren Menschenrechtsverletzungen zu ignorieren, die Russland auf der besetzen Krim begeht, jetzt führen sie ihre eigenen Fans auf ihrer Website in die Irre.
Scooter hat zugestimmt, auf einem Musikfestival in Balaclava (Krim) zu einer Zeit zu erscheinen, in der ein Anführer der Krimtataren und ein Journalist sich einer Verurteilung zu fünf Jahren Gefängnis gegenübersehen, bloß weil sie gesagt haben, daß Russland ihre ukrainische Heimat besetzt. Weiter hat Russland mindestens 27 Ukrainer auf Grund von politisch motivierten Anklagen inhaftiert.
Scooter ist eine deutsche, in Hamburg gegründete Techno-Band und hat gegenwärtig drei Mitglieder: H.P. Baxxter, Phil Speiser und Michael Simon. Baxxter saß auch in der Jury von DSDS, "Deutschland sucht den Superstar".
Warum sie zugestimmt haben, am #ZB-Fest (Zolotaya Balka Festival), das dieses Jahr vom 4.-5. August stattfindet, ist unklar, aber ihre Fans sollten sich darüber im Klaren sein, was dieser Schritt bedeutet: Scooter wird zusammen mit russischen Künstlern in Balakava auf der von Russland Anfang 2014 besetzten und illegal annektierten Krim auftreten. Die russischen Aktionen wurden vom Internationalen Gerichtshof in Den Haag als zwischenstaatlicher militärischer Konflikt bewertet, und die fortwährende Besetzung der Krim wird von allen europäischen und internationalen Institutionen, einschließlich der UN-Vollversammlung als schwerer Bruch des Völkerrechts anerkannt.
Scooters Bandmitglieder wären gut beraten, den finanziellen Gewinn und die Publicity durch die russische staatliche Propagandamaschine gegen den schweren Schaden für ihre Reputation
abzuwägen.
Auf der Website der Gruppe findet man eine Liste der anstehenden Auftritte mit Links zum Ticketkauf für die Fans. Der Link für das #ZB-Fest 2017 führt zu einer russischen Webseite, ohne daß die
Fans davor gewarnt wurden, daß sie, wenn sie mit russischen Visa über Russland auf die Krim einreisen, ein ukrainisches Gesetz brechen und in Zukunft daran gehindert würden, in die Ukraine
einzureisen.
Jegliche Forderung, daß diejenigen, die die Tickets verkaufen, diese Warnung aussprechen sollten, ist dreiste Heuchelei. Die russische Besetzung der Krim hat zu einer harten Einschränkung der bereits begrenzten Redefreiheit in der russischen Föderation geführt und jegliches Eingeständnis, daß die Krim ein besetztes Territorium ist, könnte einen in ernste Schwierigkeiten oder ins Gefängnis bringen.
Sowohl die Russische NGO "Öffentliche Kontrolle" als auch ihr Chef, Michail Anschakow, lernten auf eigene Kosten, wozu es führt, wenn man Touristen mit korrekten Informationen über die Risiken eines Besuchs auf der besetzten Krim versorgt.
Innerhalb eines Tages, nachdem das Informationsblatt veröffentlicht worden war, drohte das Büro des russischen Generalstaatsanwalts mit Strafverfolgung. Seitdem sieht Michail Anschakow sich absurden Anklagen gegenüber.
Deutschland zensiert unbequeme Informationen nicht, und so ist es wert, zur Kenntnis zu nehmen, wovor die NGO gewarnt hat: Anschakow berichtete, daß, zurück bis ins Jahr 2015, daß sich an die NGo bereits mehrere Dutzend Menschen gewandt hätten, denen Schengen-Visa verweigert worden seien. Obwohl die EU-Behörden ihre Gründe nicht erklärten, sei er, Anschakow, überzeugt, daß deren Besuche auf der Krim kurz zuvor der Grund gewesen seien.
Deutschland ist in der Schengen-Zone, doch das Prinzip ist das gleiche: solche Brüche des Völkerrechts würden notiert. Die Information der NGO darüber ist noch immer aktuell und lesenswert.
Russland hat auf der besetzten Krim eine Atmosphäre von Einschüchterung und Terror durchgesetzt und die Krimtataren speziell sind das Ziel, Das hat der Internationale Gerichtshof der UNO unlängst anerkannt , und hat nicht nur die Klage der Ukraine gegen Russland wegen Diskriminierung der Krimtataren und ethnischen Ukrainer angenommen, sondern auch, wegen der Dringlichkeit, vorläufige Maßnahmen erlassen, die Russland allerdings ignoriert hat.
Auf der Krim gibt es keine Redefreiheit, und nicht zufällig verfolgt Russland gerade jetzt einen der wenigen übriggebliebenen, unabhängigen Journalisten bloß deswegen, weil er gegen die Annektierung ist. Es ist dazu übergegangen, Aktivisten einzusperren, die in friedlicher Solidarität demonstrieren und/oder in den Sozialen Medien über bewaffnete Haussuchungen und Festnahmen berichten.
Die Aufmerksamkeit des Westens sowie internationale Beobachter, die den von Verfolgung Bedrohten eine Stimme geben, sind dringend erforderlich. Was nicht erforderlich ist, ist eine deutsche Techno-Band, die Russland mit Propaganda versorgt.