Das sind drei Begriffe, die auf den ersten Blick nichts miteinander zu tun zu haben scheinen. Für mich gehören sie zusammen. Der Geisteszustand, dem alle drei Begriffe entspringen, hat
sich langsam entwickelt und droht aus meiner Sicht, unsere Gesellschaft zu zersetzen, wenn nicht spätestens unter dem Schock des Wahlergebnisses am Sonntag ein Umdenken stattfindet. Ein Umdenken
in allen Bereichen der Gesellschaft, ein Umdenken in den Medien. Ich sage der AfD ein Wahlergebnis um die 15% voraus. Das verantworten ganz wesentlich Politker*innen auch aus den anderen Parteien
und unsere Medien.
Bildnachweis: Polizei Essen
Rettungseinsätze mit Publikum
Gaffer*innen, die meinten, bei einem Notfalleinsatz herumstehen und ihre Kommentare abgeben zu müssen, hat es schon gegeben, als ich vor mehr als dreissig Jahren anfing, Notarzteinsätze zu fahren
- solche, die sich darüber lustig machten, daß ich - zu Anfang - Angstschlotternd aus dem RTW kletterte, aber auch schon solche, die ich schon damals als hammerhart empfand: ich erinnere mich an
einen Einsatz bei einem Stadtfest. Ich wurde zu einem Bewusstlosen gerufen, der nach Alkohol roch. Um uns herum Stadtfestpublikum, das sich bei seinen Kommentaren keinen Zwang antat: ich solle
die versoffene Sau doch liegen lassen, oder besser gleich abspritzen. "Sowas wird mit unseren Steuergeldern gerettet ...". Wir haben den Mann ins Krankenhaus gefahren. Diagnose: Zuckerschock,
Alkoholpegel im niedrigen Nullkomma-Bereich.
Beim zweiten Vorfall war ich privat in Berlin. In der U-Bahn machten sich einige Leute über einen Mann her, meiner Einschätzung nach ein Obdachloser. Ich setzte mich neben ihn, da fingen die
Herrschaften an, mich zu beschimpfen und meine Begleiterin zu fragen, ob ich noch ganz dicht sei. "Dieses vollgeschissene Stück Dreck..." Der Mann hatte eingekotet. Als meine Begleiterin auf die
wiederholte Frage, warum ich diesem "Abschaum" helfen wolle, antwortete, ich sei Ärztin, meinte einer, man solle mir die Berufserlaubnis entziehen. Der weiter aggressiven Stimmung entzogen wir
uns durch Flucht und nahmen den Mann mit, der ganz offensichtlich voll im Entzug war. Ein Alkoholentzug ist eine lebensbedrohliche Situation, das Mittel der Wahl ist - Alkohol. Nachdem ich auf
meine Frage, ob und wie ich ihm helfen könne, zunächst keine Antwort erhielt, habe ich ihn gefragt, ob ich ihm was zu trinken kaufenj soll. "Ja, bitte..." Habe ich gemacht, er nahm die Flasche,
bedankte sich noch und hechtete in die nächste U-Bahn.
Unterlassene Hilfeleistung
Hier ist das Strafgesetzbuch eindeutig:
Die Standardausreden sind, es könne ja eine Falle sein bzw. nachher mache man was verkehrt und sei dann der Dumme. Beides dummes Zeug! Das Minimum an Hilfeleistung ist, sich den Standort einzuprägen, bei der nächsten Gelegenheit, z.B. auf dem Standstreifen anzuhalten und Hilfe heranzutelefonieren. Die Bundeseinheitliche Notruffnummer ist die 112, man kann nichts falsch machen, wenn man diese Nummer wählt.
Wenn ich Geschichten lese, wie die von dem in einer Bank zusammengebrochenen alten Mann, über den Leute mit der Ausrede "ich dachte, das sei ein Obdachloser" drübergeklettert sind, oder von dem Mistkerl, der einen sterbenden Motorradfahrer gefilmt hat, wenn ich lese, daß wieder mal Autofahrer Rettungsgassen verstopft haben,
oder die als Abkürzung mißbraucht haben, dann wünsche ich mir, daß die Politik da mal die Gesetze verschärft. Für mich sind die beiden obenerwähnten Fälle Totschlag - und sollten auch so bestraft werden. Das heisst in Deutschland 4-5 Jahre Gefängnis. Aber da greift die Politik nicht an - wieso eigentlich?Heute lese ich in der Zeitung, daß die Geldstrafe für das Blockieren einer Rettungsgasse von 20(!!!) auf 320 Euro heraufgesetzt werden solle. Das ist ein Witz und zwar ein schlechter!
Wenn ich dann lese, daß es Kurse gibt, in denen Helfer lernen sollen, mit Situationen zurechtzukommen, in denen sie angegriffen und /oder bedroht werden, ist das für mich nicht der Schritt in die richtige Richtung. Der Begriff "Eigensicherung" müsste so geschärft werden, daß eine Notfallcrew weiß, daß sie sich gefahrlos in Sicherheit bringen kann, ohne später Probleme zu bekommen.
Und was das Verstopfen von Rettungsgassen betrifft: warum nicht mal für ein paar Jahre den Führerschein abnehmen? Das ist eine solch kaltschnäuzige Rücksichtslosigkeit, daß es aus meiner Sicht einer fühlbaren Strafe bedarf, um das Phänomen in den Griff zu bekommen. Eine "Strafe" von 200;-- Euro ist da nachgerade lächerlich. Solche Sachen geht der Gesetzgeber nicht an, stattdessen wird das Volk mit Burka- und Kopftuchverboten und mit der Verschärfung der Asylgesetzgebung gefüttert - als wäre das das dringendste Problem. Wir sollten uns des öfteren daran erinnern,daß die mörderischsten Terrorist*innen, unter denen Deutschland je zu leiden hatte, Deutsche waren, Söhne und Töchter "aus gutem Haus."
Bildnachweis: Screenshot aus Spiegel Online.
Die Flüchtlings"krise"
Mittlerweile ist längst geklärt, daß die Ausnahme vom September 2015 zulässig war - als Ausnahme. Das hält - nicht nur - die üblichen Verdächtigen nicht davon ab, weiter Kassandrarufe auszustoßen und weiter von der Flüchtlings"krise" bzw gar "-katastrophe" zu schwadronieren.
Nur mal so: "Katastrophe" ist ein Verwaltungsbegriff und der bezeichnet, daß eine Person bzw. eine politische Einheit von einem Problem überwältigt wurde, das sie mit eigenen Ressourcen nicht bewältigen kann.
Ich konnte 2015 sehr gut beobachten, wie die Flüchtlings"krise" aufgeblasen wurde - in Deutschland genauso wie in Ungarn und in Österreich und der spontan hilfsbereiten Zivilgesellschaft mehr als ein Knüppel zwischen die Beine geworfen wurde. Ich habe nämlich Freundinnen in Budapest und Wien. Meine Budapester Freundin wohnt fußläufig vom Ostbahnhof entfernt.
Dort haben die Bürger*innen spontan Nahrungsmittel und Kleidung hingebracht und medizinische Versorgung organisiert, wurden allerdings von Anfang an von offizieller Seite nicht nur nicht unterstützt, sondern regelrecht behindert. Die Rheinzeitung berichtete damals über das Engagement der jungen Medizinerin Maria Schütte:
"Sie hat in den vergangenen zwei Wochen den Ansturm Tausender Flüchtlinge am Budapester Bahnhof Keleti und das komplette menschliche Versagen der Verantwortlichen erlebt...Wir arbeiten als Freiwillige rund um die Uhr - mittlerweile im Schichtdienst -, und man lässt uns hier völlig alleine ohne jegliche Hilfe."Zwei Wochen lang habe es für 4000 Menschen nur vier Dixi-Toiletten gegeben, mittlerweile seien vier weitere aufgestellt worden. Es gebe keine Duschen - die hygienischen Bedingungen "sind für sich genommen schon eine Katastrophe, die der Ausbreitung von Epidemien Vorschub leistet...Maria Schütte kann das Desinteresse der Regierung an der Unterstützung durch ausländische Hilfsorganisationen nicht fassen..."
Wer schon vergessen hat, wie die Situation damals war, kann sich hier Schüttes Videotagebuch ansehen.
Bildnachweis: Rhein-Zeitung
Im österreichischen Traiskirchen waren - ebenfalls politisch gewollt - unhaltbare Zustände eingetreten, die sogar Amnesty International auf den Plan riefen und die engagierte österreichische Zivilgesellschaft verbitterten. Der Spiegel schrieb im Juli 2015:
Amnesty International ist wegen anhaltender Berichte über katastrophale Zustände in der österreichischen Flüchtlingsunterkunft Traiskirchen alarmiert - und will sich jetzt selbst einen Eindruck über die Situation in der sogenannten Bundesbetreuungsstelle verschaffen. Auch das Wiener Innenministerium hält die Lage in Traiskirchen für nicht mehr tragbar. Den offiziellen Angaben zufolge haben rund 2200 der insgesamt 4500 Flüchtlinge kein Bett, viele müssen unter freiem Himmel übernachten. Die Wiener Regierung sieht vor allem die Bundesländer in der Pflicht, um Abhilfe zu schaffen.
Mittlerweile gibt es im Burgenland eine Koalition SPÖ-FPÖ und ich habe nicht den geringsten Zweifel daß
hierzulande nicht nur die CDU imstande wäre, sich mit der AfD ins Koalitionsbett zu legen.
Bildnachweis: news.at
Für die gleichen Zustände stand in Deutschland das Berliner Landesamt für Gesundheit und Soziales, LaGeSo. Ich darf wieder den Spiegel zitieren:
"Lageso, die Zustände dort waren Metapher dafür, was in Deutschland bei der Aufnahme von Flüchtlingen nicht funktionierte: Lageso stand für Chaos, für eine überforderte Behörde, Missmanagement, politischen Unwillen. Prügelnde Securitys vor dem Amt machten Schlagzeilen, Korruption, der tragische Fall eines kleinen Flüchtlingsjungen, der vom Gelände an der Turmstraße entführt und ermordet wurde."
Bildnachweis: BZ
Dank der vielen engagierten Ehrenamtlichen, die ob all der Sabotage nicht selten an ihre Grenzen gebracht wurden, und ganz wesentlich damit beschäftigt waren, die Knüppel wegzuräumen, die ihnen allen zwischen die Beine geschmissen wurden und die sich dagegen immunisieren mussten, als Teddybärwerfer, Bahnhofsklatscher, Gutmensch etc. verspottet zu werden, verspottet von Leuten, die nicht im Traum daran dächten, auch nur einen Finger krumm zu machen. Es gab aber auch solche, die ihre Schützlinge als Erstes mit einem sorgfältig getippten Katalog voller Dos und Donts beglückten: "Wir trennen den Müll, wie geben die Hand". Oder gleich mal vorsorglich über die Lehrer*innen des zuständigen Gymnasiums herzogen: "...haben nichts drauf, sind gottlos, unmoralisch und saufen alle."
Da wundert einen doch sehr, daß überhaupt schon so viele "angekommen" sind: "unsere Großen" haben alle die mittlere Reife geschafft und sind jetzt in der Oberstufe der Fachoberschule, der Papa "meiner" Familie eröffnet jetzt ein Geschäft für arabische Lebensmittel (der Businessplan wurde von der Bank akzeptiert) und sein Arabisch-Kurs in der VHS ist so gut besucht, daß jetzt schon ein zweiter Kurs eingerichtet wurde, Mama, gelernte Erzieherin möchte auch wieder in ihren Beruf zurück. Sie kümmert sich, zusammen mit anderen Flüchtlingsfrauen um die pöhsen alleinstehenden jungen Männer, sofern die nicht bereits in Jobs vermittelt wurden. Bei irgendwelchen Veranstaltungen der Stadt sind sie alle immer mit einem Stand vertreten, informieren über ihre Heimatländer und tischen Heimatliches auf. Das kommt immer sehr gut an. Natürlich sind auch einige dabei, die Probleme haben und Probleme machen. Aber da packt die Flüchtlingscommunity mit an. Es ist zu schaffen! Niemand hat gesagt, daß es einfach wird, aber es ist zu schaffen. Wenn denn alle wollen... Daß man/frau sich der Hilfe für Menschen verweigert, zieht sich von den Rettungsgassen bis hin zu den Geflüchteten. Aus meiner Sicht ein Charakterzug.
Die Schuld der Medien und ein anderes Land
Anlässlich der Ereignisse vom Silvester 2015/2016 wurde moniert, die Öffentlichkeit sei unzulänglich informiert worden - das las ich heute noch auf Facebook. Mittlerweile wird umfassender "informiert", dafür nicht immer richtig, sondern eher mit alternativen Fakten. Vorvergangene Woche wurde durch alle Medien gejagt, daß der CSU-Spitzenkandidat und bayrische Innenminister angegeben habe, die Zahl der Vergewaltigungen im Freistaat seien im ersten Halbjahr um 50% angestiegen sei, die Zahl der Taten, die Zuwanderern zuzuordnen seien, gar um 91%. Mittlerweile musste er zurückrudern und unter Anderem einräumen, daß er ein paar wesentliche Einflussgrößen übersehen hat. Hier in Einzelheiten nachzulesen.
Damit will ich nicht kleinreden, was in der Zwischenzeit tatsächlich passiert ist - doch sehr oft wurden die Opfer, wie die ermordete Freiburger Studentin, die sich ja auch in der Flüchtlingshilfe engagiert hat, von den Gauländer*innen noch verhöhnt: "..das hat sie davon...".
Und dann werden solche Mediensäue durchs Mediendorf gejagt, gehen in den Sozialen Medien gleich viral, nachdem sämtliche (Leit-)Medien auch schon voneinander abgeschrieben haben unter Verletzung der elementarsten journalistischen Grundsätze: der sorgfältigen (Gegen-)Recherche. "Traue keiner Statistik, die Du nicht selber gefälscht hast"... es sei denn, sie passt Dir in den Kram.
Doch einzelne Zusammenhänge wurden nicht mehr recherchiert: wieso fanden Ereignisse wie in Köln in zeitgleich (!!!) in sieben deutschen Städten, sowie weiteren Städten in Österreich, der Schweiz und Finnland statt? Schließlich gab es Hinweise darauf, daß das alles orchestriert gewesen sein könnte.
Ideologisch passt auch ein weiteres Ereignis: die "Operation Lisa". Ein russlanddeutsches Mädchen, Lisa F. hatte sich, da die Mutter in die Schule bestellt worden war, bei einem Freund versteckt, kam, nachdem sie 30 Stunden vermisst worden war, wieder an Land und erzählte eine Abenteuergeschichte von der angeblichen Vergewaltigung durch "Südländer". Das ging in der Russlanddeutschen Community viral, der russische Aussenminister Lawrow warf sich in die Brust, doch letztendlich ist die Operation gescheitert, die Schutzbehauptung eines Teenagers auszubeuten. Die ganze Lügengeschichte hat mittlerweile einen eigenen Wikipedia-Artikel in Deutsch, Russisch und Englisch, Nikolai Klimeniouk hat die Geschichte hervorragend filettiert.
Die hiesige Presse hat sich nicht unbedingt ins Zeug gelegt, die Story von den "Südländern" zu entkräften. ist es deswegen so abwegig, anzunehmen, daß die Ereignisse vom Silvester 2015 einem andernorts geschriebenen Drehbuch folgten?
Zugabe: der Oktoberfest-Hoax aka alternative Fakten, oder: von Trump lernen heisst Siegen lernen.
Das Wochenende um den 5. September war die "Grenzöffnung" - von Angela Merkel durchaus nicht im Alleingang durchgezogen, sondern mit Viktor Orban - der ihr letztendlich die Pistole auf die Brust setzte-, dem ösdterreichischen Bundeskanzler Faymann, Vizekanzler Gabriel. Wie schon gesagt, sie war juristisch korrekt. Wie dieser Vorwärts-Artikel zeigt, hatte die SPD 2015 noch ganz akzeptable Ansichten.
"Es sei „mit geltendem Recht vereinbar“, die flüchtenden Menschen aus Syrien über Österreich einreisen zu lassen. Die „Souveränitätsklausel“ im Dublin-II-Abkommen erlaube es Staaten ausdrücklich, Asylverfahren innerhalb der EU an sich zu ziehen. Insofern sei die „Grenzöffnung“ 2015 juristisch einwandfrei gewesen – eine Position, die auch Bundesjustizminister Heiko Maas und die SPD vertreten."
Doch dann entdeckte Kanzlerkandidat Schulz das Thema für seinen Wahlkampf und arbeitete es im Sinne Putins und der Hannover-Connection ab, indem er versuchte, auf die anderen europäischen Staaten Druck aufzubauen. Der Schuss ging nach hinten los, brachte der AfD Prozentpunkte und der SPD Verluste. Im flüchtlingsfeindlichen Rechtspopulismus (Populismus ist kein emanzipatorischer Politikstil und kann deswegen niemals links sein), ließ sich der Rechte Sektor der LINKEN auch so leicht nicht übertreffen. Auf facebook fand ich heute folgendes Statement, das sich mit meiner Meinung deckt:
Der Lackmustest für den politischen Standort von Parteien und Personen sind ihre Antworten auf Migration als sozialer Frage, so wie es im Manchester-Kapitalismus die Organisation der Industriearbeit war. Nationalbolschewisten wie Sahra Wagenknecht, die Afd-Wähler durch kokettieren mit rassistischen Ressentiments locken wollen, sind insofern weder progressiv noch links, sondern in diesem zentralen Punkt sehr weit rechts.
Placebos
Das "Fernsehduell" Schulz/Merkel hat noch mal bildhaft vorgeführt, wie man das Flüchtlingsthema hochgejazzt hat und mögliche Verschärfungen dem Volk als Placebo andient und die vier Journalist*innenattrapp*innen haben gezeigt, wie man/frau das macht: immer schön das Flüchtlingsthema am Kochen halten und so die Themen umgehen, die wirklich existenziell sind: Rente, Gesundheitswesen, Digitalisierung, Internet 4.0, der von der Politik gedeckte Dieselbetrug. Und sonst haben wir ja für die Frauen und Frauinnen noch das Kopftuch - mit schlafwandlerischer Sicherheit immer dann hervorgezogen, wenn irgendwo der soziale Besitzstand angeknabbert wird. Dieser Ablenkungsdiskurs funktioniert immer. Hier habe ich ausführlich viele Beispiele dokumentiert.
Ich hoffe, daß der Schock um 18:00 zu einem Umdenken führt.