Immer, wenn man denkt, die AfD hat ihrn Tiefpunkt erreicht, setzt irgendjemand dieser Gestalten noch eins drauf: mit nebenstehender rassistischer Hetze kommentierten die Dortmunder
AfDölf*innen das von der Stadt zum fünften Mal finanzierte Kulturfestival "Djelem Djelem".
Wo die Volksgenoss*innen hier andocken, sollte man vielleicht noch mal an einem Einzelschicksal deutlich machen. Zum Beispiel an dem des Sinto-deutschen Boxers Johann Wilhelm Trullmann,
genannt Rukeli. In der Verfolgungsgeschichte dürfte es keinen Unterschied zwischen - westeuropäischen - Sinti und - osteuropäischen - Roma gegeben haben. Heute spielen
die Probleme der Roma eine wichtigere Rolle, denn Viele kommen aus Ost- und Südosteuropa hierher, da sie dort, z.B. in Umgarn und Bulgarien, wenn nicht aktiv verfolgt werden. Dies ist die
Geschichte eines Sinto, der einer unserer größten Boxer hätte werden können - Johann Wilhelm, "Rukeli" Trollmann:
Rukeli Trollmann wir am 27. Dezember 1907 in Gifhorn geboren. Schon als Jugendlicher tritt er einem Boxverein bei und fällt schnell wegen seines Talents auf. Er geht nach Berlin und wird Profi.
Als die Nazis dem jüdischen Boxer Erich Seelig den Titel aberkennen, kommt die Chance für Trollmann.
Am 9. Juni 1933 wird er endlich Deutscher Meister, doch da ist er den Nazis und ihren Boxfunktionären schon ein Dorn im Auge, sowohl wegen seiner ethnischen Zugehörigkeit als auch wegen seines tänzelnden Boxstils, der später Viele an Muhammad Ali erinnern wird.
„Deutscher Faustkampf“ sieht nach Meinung der jetzt auch im Boxsport tonangebenden Nazi-Funktionäre nicht so aus, wie Trollmanns eleganter, schneller Stil. Der deutsche Faustkämpfer hat stehen zu bleiben, wo er steht.
Eigentlich sollte er am 9. Juni gegen Adolf Witt nicht gewinnen; erst nach Protesten des Publikums wird ihm der Siegerkranz überreicht. Er weint vor Freude und das liefert den Anlass, ihm wegen „armseligen Verhaltens“ den Titel wieder abzuerkennen.
Bildnachweis: rukeli-trollmann.de
Deutsche Beinarbeit
Seine angeblich „zigeunerhafte“ Beinarbeit darf er nicht mehr einsetzen. Bei einen Kampf am 21. Juli 1933 liefert er die Karikatur eines „Ariers“ ab: Haare blond gefärbt, mit Mehl gepuderte Haut – so steht er stocksteif in der Ringmitte und lässt sich vom nur 2 Tage älteren Weltergewichtschampion Gustav Eder in der 5. Runde zu Boden schicken.
Rukeli behält noch ein paar Monate seine Boxlizenz und schlägt sich als Kirmesboxer und Kellner durch.
Zunächst hatte er sich vorschriftsmässig sterilisieren lassen, schließlich läßt er sich von seiner „arischen“ Ehefrau scheiden. Seine Tochter, Rita Vowe, erfährt erst durch die Recherchen für den Film „Gibsy“, daß er ihr Vater war.
Leiden und Sterben im KZ Neuengamme
Zunächst wird er als Soldat eingezogen. Als er verwundet auf Heimaturlaub kommt, wird er festgenommen und zunächst in das Konzentrationslager Neuengamme gesperrt. Seine Häftlingsnummer dort war die 9841. Dort wurde er von einem ehemaligen Ringrichter erkannt und musste sowohl schwer arbeiten als auch die SS-Wachen zwecks Erhöhung von deren Kampfkraft im Boxen trainieren.
Zur gleichen Zeit war eine andere Sportikone seiner Zeit ebenfalls in Neuengamme – allerdings als Wachmann: Fußballlegende Otto „Tull“ Harder. Es ist nicht überliefert, ob die beiden sich dort begegnet sind.
Am 9. Februar 1943 beschloss das illegale Häftlingskomitee von Neuengamme, Trollmann zu schützen, ließ ihn offiziell sterben und schaffte es, daß er unter anderem Namen in eine Aussenstelle des KZ, nach Wittenberge gebracht wurde.
Klar ist nur, dass er 1944 umgebracht wurde. Nachdem er dort wieder erkannt wurde, forderte ihn der zum Kapo aufgestiegene Kriminelle zum Kampf. Rukelie, mittlerweile zum „Muselmann“, zum Häftling auf dem Weg zum Sterben, abgemagert, gewinnt diesen Kampf. Cornelius rächt sich und erschlägt ihn mit einem Knüppel.
Keine Entschädigung nach dem Krieg
Die Herkunftsfamilie Rukelis wurde im Nachkriegsdeutschland nicht entschädigt, denn Unterdrückung und Völkermord an den Sinti und Roma wurde lange Zeit als „polizeiliche Maßnahme“ gerechtfertigt.
Der Boxer und Verleger Hans Firzlaff machte Trollmanns Schicksal 1997 das erste Mal öffentlich. In den offiziellen Meisterlisten taucht Trollmann erst auf, als, auf Betreiben der Berliner Box-Promoterin Eva Rolle durchsetzt, daß den Angehörigen Rukelis posthum der Meistergürtel für 1933 verliehen wurde.
Am 9 Juni 1910 wird das Temporäre Denkmal - „9841“ der Dresdner Künstlergruppe „NUR“ für Trollmann in Hamburg eingeweiht und hier ein Stolperstein verlegt.
Am 21. Juli 2010 wird auf dem Gelände der Kreuzberger Bockbierbrauerei ebenfalls ein Stolperstein verlegt.
Am 12.5. 2011 wird das Denkmal in Hannover eröffnet.
Am 17. Januar 2013 hat ein Film über sein Leben und Sterben, „Gibsy“, von Eike Besuden Premiere.
Trailer aus dem Film Gibsy.